Zu deutsch „Kutnu Stoff“, ist die Geschichte einer wiederauferstehenden Webtechnik aus Gaziantep, die (fast) komplett in Vergessenheit geraten war! Es ist ein Erbe aus osmanischer Zeit und wird nun, dank vieler Unterstützer, zu neuem Leben erweckt!
Zunächst einmal was genau ist „Kutnu“? Und warum schreiben wir darüber? Das Thema hat nicht viel mit unserem eigentlichen Gewerbe zu tun aber dennoch gehört es zur Stadt Gaziantep, genauso wie die Pistazie, Baklava und das Zigeunermädchen aus Zeugma. Somit stellen wir eine Verbindung zu uns unserem Gewerbe und unserer Herkunft her! Daher erachten wir es als erwähnenswert und sind äußerst stolz auf die Erfolgsgeschichte dieses Produktes.
Kutnu wurde bereits im 16. Jahrhundert in den osmanischen Palästen getragen und zählt bis heute zu den strahlendsten Stoffen der Weltgeschichte. Der Stoff wird aus Seide und Baumwolle von Hand gewebt und hat meistens eine bunt-gestreifte Optik.
Gaziantep liegt an der Seidenstraße und war schon damals ein florierender Handelsort für Händler aus aller Welt. Die von den Karawanen transportierte Seide wurde mit der regionalen Baumwolle kombiniert und so entstand der besondere Stoff Kutnu.
Die Webtechnik ist sehr aufwendig und wird bis heute manuell ausgeführt. Zwar wurden einige Anpassungen an die heutige Zeit durchgeführt aber ohne etwas von der traditionellen Kunst zu verlieren. Kutnu ist edel, fein und gleichermaßen auch robust.
Im Rahmen eines Social Respobsability Projekts hat eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen der Stadt, sich dem erhalt dieses wertvollen Kulturgutes gewidmet und mit Unterstützung der Stadtverwaltung eine eigene Marke aufgebaut. Das war vor ca. 5 Jahren! Mittlerweile ist Kutnu in der Modewelt eingeschlagen wie eine Bombe und wurde sogar von der Designer-Marke Dior für die Sommer-Kollektion 2023 verwendet. Es blieb nicht nur dabei: Dior war so fasziniert von der Geschichte und der Qualität dieses Stoffes und entsandte ein Team nach Gaziantep um ein Video über die Herkunft und Herstellung des Stoffes zu drehen. Dieses Video und weitere Videos über Kutnu sind in den sozialen Medien zahlreich auffindbar und sehenswert.
Zur Erfolgsgeschichte von Kutnu kommt jetzt auch bald ein eigenes Hand-Woven Arts Museum in Gaziantep hinzu. Wir wünschen Kutnu, und allen mit diesem Stoff arbeitenden Menschen weiterhin solch grandiose Erfolge!
Kutnu ist Erbe, Tradition und nun auch Zukunft! Alles in einem….
]]>Haselnuss Saison in der Türkei
Die hierzulande, uns so bekannte Haselnuss stammt ursprünglich aus der Türkei. Entlang der türkischen Schwarzmeerküste liegt das weltweit größte Anbaugebiet für Haselnüsse. Das Gebiet erstreckt sich von Rize bis Akcakoca und bietet die besten klimatischen Bedingungen für das Wachstum dieser Nuss. Zwar gibt es auch in anderen Mittelmeerländern Haselnuss-Plantagen aber diese sind vom Mengenaufkommen nicht vergleichbar mit denen in der Türkei. Die türkischen Haselnüsse decken 70% des weltweiten Bedarfs ab. Jährlich werden circa 800.000t Haselnusskerne auf 660.000 Hektar Land geerntet und in den Rest der Welt verkauft.
Haselnüsse sind reich an ungesättigten Fettsäuren und Vitamin E. Außerdem enthalten sie fast doppelt so viel Calcium wie Milch, viel Magnesium, aber auch Zink, Eisen und Kupfer. Haselnüsse sind also nicht nur für den direkten Verzehr super lecker und sehr gesund. Sondern auch für die weiterverarbeitende Industrie ist die türkische Haselnuss ein wichtiger Rohstoff als Basis für Eiscreme, Schokolade, Gebäck und weiteres. Weltbekannte Firmen wie Ferrero (Nutella), Nestle und Manner sind Abnehmer der türkischen Haselnuss.
Die Haselnuss-Felder sind zum größten Teil im Familienbesitz von kleinen Haselnuss-Bauern. Wenn die Erntezeit beginnt, ist das der Auftakt für eine turbulente Zeit in der gesamten Schwarzmeer-Region. Alle Familienmitglieder und Freunde helfen mit. Geerntet wird in der Regel im August. Es wird gewitzelt, dass wenn die Erntezeit bevorsteht, die Menschen am Schwarzmeer alles stehen und liegen lassen und zur Ernte sprinten 😊 Vom einfachen Helfer, über Büroangestellte bis hin zum Akademiker... Alle möglichen Ressourcen in der Verwandtschaft werden mobilisiert und packen mit an! Noch vor dem Sonnenaufgang geht es los und je nachdem wie groß die Plantage ist, wird mehrere Tage bis zum Sonnenuntergang geerntet. Teilweise wird direkt vom Baum gepflückt, teilweise auch vom Boden aufgesammelt. Ohne Zweifel ist diese Arbeit sehr anstrengend! Doch nach getaner Arbeit ist man erleichtert und hofft auf ergiebige Gewinne. Anschließend werden die Haselnüsse mehrere Tage zum trocknen ausgelegt bevor sie verkauft werden können.
Die abenteuerliche Reise der Haselnuss ist vielleicht schnell erzählt, aber für die Akteure sicherlich nicht immer einfach umgesetzt. Wir ziehen den Hut vor allen hart arbeitenden Menschen da draußen und Wünsche allen Landwirten lohnende Erträge.
Die türkische Küche ist für ihre Vielfalt bis über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Innerhalb des Landes sticht jedoch eine Stadt mit ihren kulinarischen Köstlichkeiten ganz besonders hervor. Gaziantep!
Nicht nur fleischlastige Gerichte wie viele verschiedene Kebabs, sondern auch viele vegetarische Speisen wie zum Beispiel Lauchsuppe (Şiveydiz), oder Linsen-Frikadellen (Mercimekli Köfte) gehören zur historischen Küche Gazianteps.
Auch wenn Gaziantep zuvor , international betrachtet nicht den verdienten Platz einheimsen konnte, hat sich das spätestens im Jahr 2015 geändert. Die UNESCO wählte Gaziantep zur „Welt - Gastronomie Stadt 2015“ und krönte somit die Stadt, ihre Köche und ihre Kultur gleichermaßen!
Der damit einhergehen Ruhm und das daraus resultierende verstärkte Touristen aufkommen haben unter der einheimischen Bevölkerung nicht immer Begeisterung hervorgerufen. „Nach der Ernennung der UNESCO habe man die Preise für Baklava so sehr erhöht dass man es sich nicht mehr leisten kann Abends nach der Arbeit ein Kilo Baklava mit nach Hause zu bringen“, sagte mir ein Taxifahrer. „Die wohlhabenden Menschen können es sich leisten morgens in Istanbul in den Flieger zu steigen um in Gaziantep zu essen und abends wieder zurück zu fliegen. Und wir schaffen es nicht mal mehr ein Stück allabendliche-Kultur aufrecht zu erhalten!“, fügte er hinzu.
Dies ist natürlich ein Paradebeispiel für die Kluft zwischen den Gesellschaftsschichten und ein Sinnbild der heutigen globalisierten Welt.
Dieses Beispiel zeigt aber auch den besonderen Stellenwert der Esskultur in Gaziantep. Baklava ist für die Einheimischen keine Touristenattraktion sondern ein fester Bestandteil ihres alltäglichen Lebens. Bei so ziemlich jeder Familienfeier und besonderen Gelegenheit wird den Gästen Baklava serviert. An den religiösen Feiertagen oder auch bei Hochzeiten ist Baklava als Dessert nicht mehr wegzudenken. Und wenn der angehende Bräutigam um die Hand seiner zukünftigen Braut anhält kann er gleich wieder nach Hause gehen, wenn er als Geschenk für die Eltern der Braut kein großes Blech Pistazien-Baklava dabei hat!
Die Zubereitung, besser gesagt die Herstellung von Baklava ist sehr aufwendig und das überlässt man in Gaziantep den Profis. In vielen Orten der Türkei wird Baklava auch zu Hause von den Hausfrauen gebacken. In Gaziantep weiß man jedoch die Perfektion eines so genannten „Usta” zu schätzen und wagt es erst gar nicht ihm seine Position streitig zu machen. Usta bedeutet übersetzt Meister und “Baklava-Usta” ist ein Beruf den man über mehrere Jahre erlernen muss. Für ein Blech Baklava werden in der Regel 40 Lagen hauchdünner Teig benötigt. Dieser Teig muss so dünn sein dass man hindurch gucken kann, aber gleichzeitig nicht reisen darf. An fast jeder Ecke Gazianteps ist eine Baklava-Backstube anzutreffen, warum sich also stundenlang Mühe machen wenn es auch einfacher und besser geht!
In diesem Sinne, bis zum nächsten mal…